Hauptmann von Köpenick
Populäre Berliner - Berliner Originale
Der Hauptmann von Köpenick ist ein Berliner Original. Ein warhaftige und rührende Geschichte worüber selbst der Kaiser lachte.
Falscher Hauptmann von Köpenick
In einer gekauften Hauptmann Uniform hielt Friedrich Wilhelm Voigt am 16. Oktober 1906 in Berlin zwei Trupps mit Gardesoldaten als falscher Hauptmann von Köpenick an und beraubte die Stadtkasse von Köpenick.
Friedrich Wilhelm Voigt
Friedrich Wilhelm Voigt wurde 13. Februar 1849 in Tilsit geboren und starb am 3. Januar 1922 in Luxemburg. Vogt stammt aus Ostpreußen war vom Beruf Schuhmacher.
Bekannt wurde Hr. Vogt unter dem Namen Hauptmann von Köpenick durch seinen spektakulären Überfall auf das Rathaus von Köpenick bei Berlin, in das er am 16. Oktober 1906 als preußischer Hauptmann verkleidet mit einem Trupp Soldaten eindrang, den Bürgermeister verhaftete und die Stadtkasse raubte.
Das Ereignis stieß bereits bei den Zeitgenossen auf großes Interesse und wurde auch später noch mehrmals künstlerisch bearbeitet.
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Der Hauptmann von Köpenick gehört zu den Berliner Originalen
Als Berliner Original werden Einzelpersonen bezeichnet, die sich auf populäre Weise mit ihrem ausgeprägten Selbstbewusstsein, ihrem schlagfertigen urbanen Witz, ihrer Schnoddrigkeit und Derbheit in Berlin hervorgetan haben.
Mit seiner außergewöhnlichen Tat verschafte sich der Hauptmann von Köpenick ein ewigen Platz in Berliner Originale.
Das ist Berlin
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Original Schauplatz
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Geschichte Friedrich Wilhelm Voigt
Wilhelm Voigt wurde 1849 als Sohn eines Schuhmachers in Tilsit geboren.
Bereits mit 14 Jahren wurde Vogt wegen Diebstahls zu 14 Tagen Haft verurteilt. Zwischen 1864 und 1891 wurde er viermal wegen Diebstahls und zweimal wegen Urkundenfälschung verurteilt und verbrachte viele Jahre im Gefängnis. Zuletzt hatte er 1890 mit einer Brechstange versucht, die Gerichtskasse in Wongrowitz (preußische in Provinz Posen) zu berauben und erhielt dafür 15 Jahre Zuchthausstrafe.
Nach seiner Entlassung 1906 zog der Schuhmacher nach Wismar und arbeitete dort beim Hofschuhmachermeister Hilbrecht in der Lübschen Straße 11, bis er ein Aufenthaltsverbot für das Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin erhielt. Danach zog er nach Rixdorf (heute Berlin Neukölln), wo er bei seiner älteren Schwester Bertha und deren Mann wohnte und in einer Schuhwarenfabrik Arbeit fand.
Am 24. August 1906 wurde Wilhelm Voigt auch für den Großraum Berlin ein Aufenthaltsverbot erteilt. Seine Arbeitsstelle behielt er zunächst, hatte aber aufgrund seines illegalen Status kaum Aussichten auf eine dauerhafte Beschäftigung.
Köpenickiade
Bei verschiedenen Trödlern erwarb er Uniform Teile eines Hauptmanns.
In dieser Hauptmann Uniform hielt er am 16. Oktober 1906 in Berlin zwei Trupps mit Gardesoldaten an. Er unterstellte zehn Mann unter den Hinweis Auf allerhöchsten Befehl seinem Kommando und fuhr mit ihnen nach Köpenick.
Nach der Ankunft in Köpenick bekam jeder Soldat eine Mark und ließ sie zu Mittag essen. Anschließend erklärte er ihnen den Plan, das er den Bürgermeister und andere Herren verhaften muß.
Gemeinsam marschierten sie zum Rathaus Köpenick. Die Truppe besetzte das Gebäude, ließ alle Ausgänge abriegeln. Dann verhaftete er im Namen Seiner Majestät Oberstadtsekretär Rosenkranz und Bürgermeister Georg Langerhans wegen angeblich unregelmäßiger Abrechnung bei Kanalarbeiten. Sie wurden in ihren Dienstzimmern festgesetzt und bewacht.
Den Kassenrendanten von Wiltburg wies er an, einen Rechnungsabschluss zu machen und erklärte ihm, den Bestand der Stadtkasse beschlagnahmen zu müssen.
Der beschlagnahmte" Barbestand belief sich auf 3557,45 Mark (wobei 1,67 Mark zum Sollbestand des Kassenbuches fehlten). Eine vom Rendanten erbetene Quittung unterschrieb Voigt mit dem Nachnamen seines letzten Gefängnisdirektors von Malzahn mit dem Zusatz "H.i.1.G.R." ("Hauptmann im ersten Garde-Regiment").
Schließlich ließ der falsche Hauptmann den Bürgermeister in gemieteten Droschken unter militärischer Bewachung zur Neuen Wache nach Berlin bringen.
Nach Beendigung seiner Aktion gab der Hauptmann von Köpenick seiner Truppe den Befehl, das Rathaus noch eine halbe Stunde besetzt zu halten. Er selbst begab sich unter den Augen einer neugierigen Menschenmenge zurück zum Bahnhof.
Kurz darauf beschaffte er sich bei einem Herrenausstatter zivile Kleidung.
Verhaftung des Bürgers Friedrich Wilhelm Voigt
Zehn Tage später wurde er beim Frühstück verhaftet, nachdem ein ehemaliger Zellengenosse, der von Voigts Plänen wusste, der Polizei in Erwartung der hohen Belohnung einen Tipp gegeben hatte.
Daraufhin wurde Vogt vom Landgericht Berlin wegen unbefugten Tragens einer Uniform, Vergehens gegen die öffentliche Ordnung, Freiheitsberaubung, Betruges und schwerer Urkundenfälschung zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Am 16. August 1908 wurde er von Kaiser Wilhelm II. begnadigt.
Resonanz
Ganz Deutschland lachte über den Geniestreich. Der Kaiser lachte sich kaputt.
Nach der Haftentlassung
Die Köpenickiade machte Voigt weltbekannt. Gleich am Tag nach seiner Entlassung verewigte er seine Stimme in Form einer Grammophonaufnahme, für die er 200 Mark erhielt. In den Tagen darauf sorgte sein Auftreten in Rixdorf für tumultartige Menschenaufläufe. Schon vier Tage später präsentierte er sich in Berlin (anlässlich der Enthüllung seiner Wachsfigur im Wachsfigurenkabinett Castans Panoptikum Unter den Linden) wiederum der Öffentlichkeit, signierte Fotos und hielt Ansprachen, was ihm jedoch sofort verboten wurde.
Später bereiste er ganz Deutschland und trat in Kneipen und auf Jahrmärkten auf. In Sälen oder Zirkuszelten mimte er den „Hauptmann von Köpenick“ und verkaufte Autogrammkarten mit Bildern.
Da er als meldepflichtiger Krimineller unter Polizeiaufsicht stand, musste Voigt, immer wieder Verhaftungen durch die örtlichen Behörden über sich ergehen lassen. Daher war er auf der Suche nach einer neuen Heimat und trat bevorzugt im europäischen Ausland auf. Angeblich gelang ihm im März 1910 sogar die Einreise in die USA, wo er mit seiner Tournee große Erfolge gefeiert hat.
Am 1. Mai 1910 erhielt er einen luxemburgischen Ausweis und übersiedelte nach Luxemburg. Dank seiner Popularität brachte er es zu einem gewissen Wohlstand und gehörte zu den ersten Besitzern eines Automobils im Großherzogtum. 1912 kaufte er das Haus an der Neippertstraße Nr. 5, wo er bis zu seinem Tod lebte.
Tod und Begräbnis in Luxemburg
In den letzten Jahren trat Wilhelm Voigt in der Öffentlichkeit nicht mehr in Erscheinung. Am 3. Januar 1922 starb er im Alter von 72 Jahren, schwer gezeichnet von einer Lungenerkrankung in Luxemburg. Er wurde auf dem dortigen Liebfrauenfriedhof begraben.
Der Zirkus Sarrasani kaufte 1961 das Grab von Wilhelm Voigt für 15 Jahre und stiftete zugleich einen Grabstein. Dieser zeigte die bissige Karikatur des Kopfes eines offensichtlich deutschen Soldaten mit Pickelhaube, der den Mund zum Erteilen von Befehlen öffnet, umrahmt von der Aufschrift: „Der Hauptmann von Köpenick“.
Seit 1975 wird das Grab von der Stadt gepflegt und auf Betreiben einiger Abgeordneter des Europäischen Parlamentes wurde auch zugleich der Grabstein erneuert. Er zeigt nun eine Pickelhaube und die Aufschrift "HAUPTMANN VON KOEPENICK". Darunter steht noch kleiner „Wilhelm Voigt 1850–1922“.
Die Stadt Luxemburg lehnte 1999 es ab, die Grabstätte nach Berlin umzubetten.
Denkmäler
Vor dem Rathaus in Köpenick wurde 1996 ein Denkmal aufgestellt.
Die Figur wurde von dem Armenier Spartak Babajan entworfen und von der Kunstgießerei Seiler in Bronze gegossen.
Am Rathaus wurde auch eine Berliner Gedenktafel für den Hauptmann von Köpenick alias Vogt angebracht.
In Wismar wurde am Haus in der Lübschen Straße 11, in dem Wilhelm Voigt bei dem Hofschuhmacher H. Hilbrecht gewohnt und gearbeitet hat, eine Tafel angebracht.
Ausstellung
Im Filmarchiv in Berlin existiert ein Originalfilmdokument mit Wilhelm Voigt. Auch eine Figur bei Madame Tussaud wurde ihm zu Ehren aufgestellt.
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Spitzname | Bürgerlicher Name | |
---|---|---|
Alter Fritz | Friedrich II. oder Friedrich der Große | ► |
Hauptmann von Köpenick | Wilhelm Vogt | ► |
Pinsel Heinrich | Heinrich Zille | ► |
Eckensteher Nante | Ferdinand Strumpf | ► |
Mutter Lustig | Henriette Lustig | ► |
Mutter Gräber | Julie Gräbert | ► |
Madame Du Titre | Marie Anne George | ► |
Harfenjule | Luise Nordmann | ► |
Vater Linde | Julius Linde | ► |
Onkel Pelle | Adolf Rautmann | ► |
Marlene | Marlene Dietrich | ► |
Strohhut Emil | Emil Riemer | ► |
Krücke | Reinhold Franz Habisch | ► |
Bomme | Bruna Seeger | ► |
Big Helga | Helga Hahnemann | ► |
Eiserner Gustav | Gustav Hartmann | ► |
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